Sie fährt Sonntagnacht allein mit dem Boot ihrer Kumpels raus, um Meeresschildkröten zu retten.
- Carina Neumann
- 22. Juli 2023
- 10 Min. Lesezeit
Alarmierende Dinge ereignen sich in den Weltmeeren. Da sind Strände oder Inseln, die fast nur noch aus Plastikmüll bestehen. Da sind junge Delfine oder Wale, die tot an die Küsten angetrieben werden – auch auf Ibiza. Doch es gibt auch etwas Erfreuliches für die Inseln: Meeresschildkröten, die hier seit rund einem Jahrhundert erstmals wieder ihre Eier im Sand ablegen. Über das und „Meer“ sprach unsere Redakteurin Carina Neumann mit der Ozeanografin Verónica Núñez Reyes. Die junge Ibizenkerin betreibt die Auffang-Station für Schildkröten Ibizas und Formenteras – und ist oftmals die letzte Rettung für die Tiere.

Foto @Verónica Núñez Reyes
Verónica, ein Kind der Insel, widmet ihr Leben dem Meer und seinen Bewohnern. Sie betreibt das „Centre de Recuperació d´Espècies Marines“, kurz „CREM“, eine Auffangstation für Meerestiere. Im Aquarium „Cap Blanc“ in Sant Antoni peppelt die 31-Jährige geschwächte und verletzte Meeresbewohner auf, um sie nach ihrer Genesung zurück in die Freiheit zu entlassen. Ihre Patienten sind vor allem Meeresschildkröten der Gattung „Unechte Karettschildkröte“ (Caretta caretta). Im Vergleich zur „Echten Karettschildkröte“ besitzt sie ein Rippenschild mehr. Drei Schildkröten-Arten leben vorwiegend im Mittelmeer: die gigantische Lederschildkröte (sie wird bis zweieinhalb Meter groß und 700 Kilo schwer) und ihre kleinere Verwandte, die Grüne Meeresschildkröte, die beide das offene Meer als Lebensraum bevorzugen. Und eben die Unechten Karettschildkröten, sie leben in den seichteren Gewässern in Küstennähe.
Vagabunden der Meere
„Die Schildkröten sind um die Balearen und im gesamten Mittelmeer sehr selten. Ihre Art ist weltweit vom Aussterben bedroht“, sagt Verónica. Bis vor wenigen Jahren verendeten rund 30.000 Schildkröten jährlich als Beifang in Fischernetzen. Nun stehen die Tiere unter Schutz. Genaue Zahlen über ihren aktuellen Bestand gibt es nicht, da sie im Laufe ihres Lebens weite Strecken zurücklegen und nur schwer zu erforschen sind. Mit etwas Glück sind sie um die Inseln aber das ganze Jahr über anzutreffen. Im Frühjahr ist Paarungszeit, weshalb vermehrt Schildkröten beobachtet werden. Im Sommer folgt die Eiablage, und im Winter ist die Zeit des „Sonnenbadens“: „Da Schildkröten Reptilien und somit wechselwarme Geschöpfe sind, gleicht sich ihre Körpertemperatur der jeweiligen Umgebung an. Im Winter ist das Wasser relativ kalt und die Schildkröten sehnen sich nach Wärme und Sonne. Deshalb lassen sie sich tagsüber an der Wasseroberfläche treiben und die Sonne auf den Panzer scheinen“, so Verónica. Im Jahr 2016 dokumentierte die Ozeanografin rund 20 Sichtungen von Unechten Karettschildkröten rund um Ibiza und Formentera, von denen einige in der Auffangstation behandelt wurden.

Meeresschildkröten werden bis zu 100 Jahre alt und legen im Laufe ihres Lebens Tausende Kilometer zurück. Daher nennt man sie auch „Vagabunden der Meere“. Meeresschildkröten sind weltweit vom Aussterben bedroht. Hier siehst du eine Grüne Meeresschildkröte.
Von der Karibik nach Ibiza
„Im Mittelmeer gibt es zwei Populationen der Unechten Karettschildkröte: jene, die immer im Mittelmeer leben und vermehrt in den östlichen Gewässern rund um Griechenland, die Türkei und Zypern anzutreffen sind; und jene, die aus den Atlantikregionen der Karibik, Floridas oder Kap Verde ins Mittelmeer kommen“, weiß die Ozeanografin. Auf Ibiza und Formentera ist vorwiegend die zweite Population anzutreffen, während um Mallorca und Menorca vor allem Mittelmeer- Schildkröten unterwegs sind. Manu San Félix, Meeresbiologe aus Formentera, führte Blutanalysen von rund 100 Unechten Karettschildkröten durch, die zwischen Ibiza und Formentera schwammen. Etwa 80 Prozent von ihnen kamen von weit her – aus der Atlantikregion vor Florida. Warum diese Meeresschildkröten im Laufe ihres Lebens Tausende von Kilometern zurücklegen, darüber streiten Forschende. Einige vermuten, dass die Atlantik-Schildkröten zur Paarung ins Mittelmeer kommen, andere denken, dass eine reichhaltigere Nahrung dahintersteckt; und wieder andere haben die Theorie, dass sich die karibischen Gewässer durch den Klimawandel zunehmend erwärmen und die Schildkröten daher kühlere Alternativen suchen. Diese Theorie vertritt auch Verónica Núñez Reyes. Viele der gepanzerten Passagiere reisen mit dem Golfstrom durch den Atlantik und über Gibraltar ins Mittelmeer.
Pityusen: Babystube der Schildkröten?
Neu und einzigartig ist, dass seit 2014 erstmals nach rund 100 Jahren versuchte Eiablagen der Unechten Karettschildkröte auf Ibiza und Formentera dokumentiert werden. Im Sommer 2015 grub eine Unechte Karettschildkröte bereits eine Eierstube in den Sand – mitten am Strand von Santa Eulària. Doch sie wurde von zu viel Aufruhr gestört und verschwand im Meer. Zu Beginn der Saison 2017 sichtete man in Santa Eulària und Es Migjorn auf Formentera zwei weitere Versuche. Allerdings blieben auch diese erfolglos. In anderen Teilen Spaniens beobachtet man derzeit ähnliches Verhalten. „Die Schildkröten legen von Mai bis Oktober ihre Eier ab“, erklärt Verónica. „Das ist genau der Zeitraum der Hochsaison auf Ibiza.“ Das macht die Sache natürlich etwas problematisch, zumal die Schildkröten zur Eiablage absolute Ruhe brauchen. Dennoch vermutet Verónica, dass einige Eiablagen auf den Inseln bereits gelingen und bisher nur unentdeckt blieben, weil die Schildkröten ausschließlich nachts und in den frühen Morgenstunden ihre Eier ablegen und im Sand vergraben. Im Sommer 2016 legte eine Unechte Karettschildkröte bereits erfolgreich an einem Strand in Valencia ihre Eier ab. Verónica führt nun eine Kampagne durch, in der sie dem Strand-Personal, beispielsweise der morgendlichen Reinigungs-Patrouille, den Liegenverkäufern und den Teams von Strandbars- und Restaurants, genau erklärt, wie der Abdruck und die Spuren aussehen, die eine Schildkröte bei der Eiablage hinterlässt – und was zu tun ist, wenn man diesen Abdruck entdeckt oder sogar eine Eiablage beobachtet: Nämlich den Notrufdienst 112 wählen, der wiederum Verónica benachrichtigt.
Auf zu neuen Ufern
Schildkrötenweibchen folgen seit Jahrmillionen einem altbewährten Muster: Sie kehren immer wieder an den Strand ihrer Geburt zurück, um ihre Eier abzulegen. Dass sie seit rund einem Jahrhundert erstmals wieder auf den Pityusen Eier ablegen, zeigt eine grundlegende Veränderung ihres Verhaltens. „Höchstwahrscheinlich wurden diese Weibchen nicht hier geboren“, so Verónica. Unechte Karettschildkröten werden zwar bis zu 100 Jahre alt, aber im hohen Alter paaren sie sich in der Regel nicht mehr. „Dass sie nun, entgegen ihrem gewohnten Muster, ihre Eier hier ablegen, ist für die Wissenschaft einschneidend“, so die Umweltexpertin. „Nun gilt es herauszufinden, warum das so ist und welcher Population diese Weibchen angehören – jener aus dem Atlantik oder jener aus dem östlichen Mittelmeer.“ Anhand von Blutproben lässt sich der Ursprung der Schildkröten zurückverfolgen. Gelingt eine Eiablage
auf den Inseln, wird Verónica alles dafür tun, die Eier zu schützen. Denn von den neugeborenen Schildkröten überlebt nur ein Bruchteil den ersten Tag und den Marsch vom Ei zum Meer. Seevögel und Fische warten dort auf Beute…

Frisch geschlüpfte Meeresschildkröten auf ihrem Weg in den großen Ozean. Nur ein Bruchteil von ihnen wird den nächsten Tag erleben. Seevögel und Fische bedrohen das Leben der winzigen Reptilien.
Retterin der Schildkröten
„CREM“ ist übrigens die einzige Auffangstation, die sich auf Ibiza und Formentera der Rettung der Schildkröten widmet. Mit Herzblut kümmert sich Verónica um dieses Projekt. Als Ozeanografin und aktive Umweltexpertin leistet sie Aufklärungsarbeit in den Gemeinden und Schulen, zusätzlich ist sie in zahlreiche lokale und globale Umwelt-Projekte involviert. Spielerisch bringt sie den Kindern in Vorträgen und Workshops die Wichtigkeit der Erhaltung der Weltmeere näher. „Kennt ihr ,Findet Nemo‘?, frage ich dann immer, wenn ich die Reise der Schildkröten mit dem Golfstrom erkläre“, so Verónica. Doch sie hat noch einen weiteren, ehrenamtlichen Job – wenn auf Ibiza und Formentera irgendwo eine Schildkröte in Not ist, ist sie zur Stelle. Im Sommer hat die Ozeanografin meistens Hilfe durch Praktikanten, die sie bei ihren Einsätzen begleiten. Doch die meiste Zeit ist sie auf sich allein gestellt. Unterstützung von den Behörden bekommt sie bisher wenig. „Wenn eine verletzte Schildkröte gefunden wird, rufe ich meine Kumpels an und frage: ,Hey, habt ihr schnell ein Boot, das ihr mir leihen könnt?‘“ Verónica schmunzelt, bevor sie hinzufügt: „Aber im Ernst, ich könnte wirklich mehr Unterstützung gebrauchen. Es ist viel Verantwortung, zu wissen, dass man die einzige Rettung der Schildkröten ist.“ Sie erzählt, wie manchmal sonntags um 23 Uhr ihr Handy klingelt und wie sie bei Nacht- und Nebelaktionen alles tut, um eine verletzte Schildkröte zu bergen. „Bisher bin ich auch weitgehend die einzige auf der Insel, die Nekropsien von toten Meerestieren macht. Würde ich das nicht tun, wären in den vergangenen Jahren schon viele wichtige Informationen für die Wissenschaft verloren gegangen“, so die Ozeanografin. Als Anfang dieses Jahres zwei junge tote Pottwale und der Kadaver eines Cuvier-Schnabelwals
im Abstand von nur wenigen Wochen auf mysteriöse Weise an die Küsten Ibizas geschwemmt wurden, war Verónica die einzige vor Ort, die Proben von den Tieren nahm. Allerdings waren die Kadaver bereits so verwest, dass die Todesursache nicht mehr nachvollziehbar war.

Oben: Verónica untersucht ein totes Pottwal-Jungtier, das im März 2017 bei Es Porroig angeschwemmt wurde. Unten: Nächtliche Rettungsaktion am Strand von Santa Eulària.
Tüten und Tampons zum Frühstück
Walmägen voller Plastikmüll, Schildkröten, deren Panzer durch eingewachsene Plastikstücke oder Fischernetze komplett deformiert sind… Solche Bilder kennt man – meist aus dem Fernsehen oder dem Internet. Verónica sieht diese Bilder weitaus öfter als ihr lieb ist, und zwar im echten Leben. Somit kommen wir neben dem Beifang und Verletzungen durch Schiffsschrauben zu der momentan größten Gefahr für die Meeresschildkröten und anderen Ozeanbewohnern: Müll! Kürzlich veröffentlichte Verónica den Mageninhalt einer Unechten Karettschildkröte, die Anfang März tot in der Cala Comte angespült wurde. Das schockierende und traurige Ergebnis der Nekropsie: Die Schildkröte starb einen langsamen und qualvollen Tod durch ungeheure Mengen an Plastik in ihrem Magen. Konkret bestand ihr Mageninhalt aus: Tampons, Kondomen, Plastiktüten, Zigarettenstummeln, Flaschen- und Dosendeckeln, Styropor, und verschiedenen (Eis-)verpackungen.

Nicht nur Fische und andere Meeresbewohner leiden unter der Verschmutzung der Ozeane - auch Seevögel kämpfen gegen den Müll in ihrem Lebensraum an. Rechts: Der Mageninhalt der toten Schildkröte, die Verónica im März 2017 in der Cala Comte fand.
„Was mich am traurigsten gemacht hat, waren diese beiden Sachen: Auf dem Plastiketikett eines Chemieproduktes war tatsächlich zu lesen: ,Bei Verzehr tödlich‘. Und auf einem Aufkleber stand ,Gut Bio‘ – ein Ökosiegel. Ist das nicht ironisch? Da willst du dich umweltbewusst ernähren und der Aufkleber deines Bioproduktes landet im Magen einer Schildkröte, die daran elendig verendet“, sagt Verónica mit bewegter Stimme. Natürlich können die Meerestiere Plastik, Kunststoffe und jeglichen anderen menschengemachten Müll nicht verdauen. In ihren Mägen führt er zu schmerzhaften Geschwüren, Verstopfung und Darmverschluss, bis schließlich der gesamte Verdauungsapparat zusammenbricht und das Tier an den schweren Folgen zugrunde geht. Die Schildkröte aus der Cala Comte ist nur eines von unzähligen Meerestieren, die weltweit an den verheerenden Folgen der Meeresverschmutzung sterben. Milliarden Jahre lang, bevor der Mensch in das Ökosystem der Meere eingriff, war alles, was im Wasser trieb, für die Meeresbewohner schlichtweg ess- oder zumindest biologisch abbaubar. Es gab keine lebensgefährlichen Gegenstände wie Coladosen, Plastiktüten oder Flaschendeckel, die in der Strömung trieben. Daher haben viele Meerestiere den Reflex, umhertreibende Gebilde intuitiv zu fressen.
Quallen auf dem Vormarsch
Hinzu kommt, dass Plastik eine gefährliche Ähnlichkeit zu Quallen aufweist – und die sind die bevorzugte Nahrung vieler Tiere, wie auch der Schildkröten. Während viele Meeresbewohner zunehmend vom Aussterben bedroht sind, vermehrten sich die widerspenstigen Nesseltiere in den vergangenen Jahren durch begünstigende Faktoren wie die Erwärmung der Ozeane und die Dezimierung ihrer Fressfeinde rasant. „Als ich klein war, gab es hier nur sehr wenige Quallen. Heute invadieren sie teils ganze Strände. Die Bademeister rufen mich an, wenn wieder Quallen am Ufer angespült werden“, erzählt Verónica. „Dann lade ich sie in Eimer und bringe sie unseren Schildkröten, wenn gerade welche da sind.“ Vermehren sich die Quallen weiterhin so rasant, könnte ein Ungleichgewicht in den Weltmeeren entstehen. Die Glibbertiere fressen anderen Meeresbewohnern wichtige Nährstoffe weg – und bringen so die natürliche Nahrungskette durcheinander.
Jede Minute eine Müllwagenladung im Meer
Mehr noch als Quallen könnte es zukünftig allerdings Müll in den Weltmeeren geben. Er ist bereits allgegenwärtig. Laut eines Berichts des „Welt-Wirtschaftsforums“ landet pro Minute im Schnitt ein Müllwagen voll Plastik in den Ozeanen. Bei konstant fortwährender Umweltverschmutzung könnte es laut diesem Bericht im Jahr 2050 mehr Müll als Fische in den Ozeanen geben. Aktuelle Studien der spanischen Organisation „Ecologistas en Acción“, zu Deutsch „Umweltschützer in Aktion“, brachten hervor, dass sich bereits rund 62 Millionen Tonnen Müll allein im Mittelmeer befinden. Jährlich kommen durchschnittlich zwischen 6,4 und 8 Tonnen dazu. Und „der Müll reist“, sagt Verónica. „Große Müllinseln driften in den Ozeanen. Meeresströmungen treiben die einzelnen Müllfragmente zu schwebenden Plastikwolken zusammen.“ Im Magen unserer Schildkröte aus der Cala Comte waren die Plastikreste sowohl mit spanischen, französischen als auch afrikanischen Etiketten versehen. Übrigens sind nicht nur Fische und Meerestiere sondern auch Seevögel von dem Plastik-Problem betroffen. Auch an Land macht sich das Plastik aus den Ozeanen bereits bemerkbar. An den meisten Stränden der Welt legt man sein Handtuch nicht mehr in puren Sand. Kleine, bunte Plastikkügelchen, genannt „Plastik-Pellets“, rieseln neben Sandkörnern und Muschelresten durch die Hand. Über Jahre hinweg lösten sie sich von großen Plastikstücken und wurden von den Wellen rund geschliffen. Auch auf Ibiza findet man teils Plastik-Pellets an den Stränden.

Könntest du auf den ersten Blick eine Qualle von Plastikresten unterscheiden? Vermutlich nicht. So geht es auch den Schildkröten. Das Exemplar unten rechts fand Verónica umschlungen von Plastik. Unten links: Verónica mit ihrem Helfer-Team im Einsatz.
Fressen und gefressen werden
„Das Plastik gerät in den Magen eines Meerestieres. Das Tier stirbt, aber das Plastik bleibt bestehen. Ein Teufelskreis beginnt“, so Verónica. „Aasfressende Fische nehmen das Plastik des toten Tieres in sich auf, werden vom nächst größeren Fisch gefressen. Dieser Fisch wird wiederum vom nächstgrößeren gefressen, und so weiter. Am Ende der Nahrungskette steht unwidersprochen der Mensch.“ Verónica erzählt bedrückt, wie sie im Restaurant auf Ibiza eine Dorade bestellte und plötzlich ein Plastikstück zwischen den Zähnen hatte. Es steckte im Fleisch der Dorade. „Deshalb sage ich immer: ,Wenn ihr schon nicht für die Tiere die Umwelt schont, dann tut es wenigstens für euch selbst. Denn das Plastik findet letztendlich dorthin zurück, wo es herkam: Zum Menschen. Auf unsere Teller. In unser Grundwasser. Und wieder ins Meer. Das ist der ewige Kreis.“
Die unsichtbare Gefahr
Gefährlicher noch als der sichtbare ist allerdings der unsichtbare Müll. Plastik ist beinahe unsterblich. Nur extrem langsam löst es sich in seine Bestandteile auf. Laut einer Publikation der Umweltorganisation „World Wide Fund For Nature“ (WWF) können mehr als 400 Jahre vergehen, bis sich Plastik vollständig zersetzt. Lösen sich kleinste Partikel von Plastikfragmenten und treiben im Wasser, spricht man von „Mikroplastik“. Was das Mikroplastik langfristig für die Lebewesen und die Ökodieses Planeten bedeutet, weiß selbst die Wissenschaft noch nicht. Es könnte bisher ungeahnte Folgen haben. Schon jetzt sehen Forscher darin den Ursprung für viele menschliche Erkrankungen. Sicher ist nur, dass die unsichtbare Gefahr bereits in allen Teilen der Weltmeere und somit in der Nahrungskette angelangt ist. Sogar in der Tiefsee und in der Arktis wiesen Forscher der Universität Gent in Belgien Mikroplastik nach.
Reduce, reuse, recycle, repare
Doch kommen wir vom großen Ganzen zurück nach Ibiza, in die Auffangstation für Schildkröten. Hier tut Verónica im kleinen Rahmen was sie kann. „Die Hoffnung bleibt“, lächelt sie. „Immer.“ Sie hofft, dass die Eiablagen auf den Inseln zukünftig gelingen und sie die Baby-Schildkröten lange genug begleiten kann, bis sie reif für den großen Ozean sind. Und sie hofft, dass die Menschheit endlich aufwacht und bewusster mit der Umwelt umgeht. „Im Grunde ist es ganz einfach“, sagt die Umweltexpertin. „Mit vier R´s kann man die Welt verändern: reduce, reuse, recycle, repare.“ Reduzieren, wiederverwenden, recyceln, reparieren statt wegschmeißen. „Wenn viele Menschen im kleinen Rahmen etwas ändern, kann man einen ganzen Planeten retten. Aber wir müssen handeln, und zwar jetzt.“

Ein besonderer Gast im Aquarium: Erfolgs-DJ Carl Cox. Nach ihm wurde sogar eine Schildkröte benannt, die das Team von „CREM“ nach ihrem Aufenthalt in der Auffangstation erfolgreich zurück in die Freiheit entließ.
Dieser Artikel erschien im Jahr 2017 in der September-Ausgabe des Monatsmagazins IbizaHEUTE. Danke an Verónica für ihre Fotos, ihre Geschichte und ihre Arbeit. "Meer" darüber findest du auch auf der Webseite des Aquariums Cap Blanc.